Insel aus Feuer und Eis - und Wind und Regen
Strampeln und kein Vorwärtskommen
Jetzt trampele ich schon aus Leibeskräften und habe das Gefühl keinen Meter voran zu kommen. Dabei hat die Strecke doch ein leichtes Gefälle. Aber der Wind bläst so unbarmherzig steif, daß man schier auf der Stelle zu fahren scheint. An Kaspars' Gesicht lese ich ebenfalls ab, wie er allmählich genervt resignieren will. Doch was hilfts. Das haben wir uns selbst eingebrockt. Obwohl gewarnt, von den vielen Experten, die sich immer einfinden, wenn man sich etwas vornimmt, das die Grenzen des Alltäglichen, sei es auch nur einen Hauch breit, verläßt. Warum müsst Ihr ausgerechnet in Island mit dem Fahrrad unterwegs sein? Überhaupt so hoch in den Norden. Als gäbe es nicht angenehmere Urlaubsregionen.Gibt es sicher, hatten wir darauf geantwortet. Aber Island, das war eine gewisse Anzieheung schon seit vielen Jahren. Für uns Beide. Ein Teil der Antwort für mich ist möglicherweise die archaische Landschaft Islands. Diese Insel am Rande des nördlichen Polarkreises mit ihren dampfenden Geysiren, tätigem Vulkanismus und riesigen Gletschern in weitesgehend noch unberührter Natur übt eine nicht näher beschreibare Faszination auf mich aus. Das rauhe Klima, die ungezügelte Kraft der Elemente, all dies schien uns attraktiver, als ein Badeurlaub unter südlicher Sonne. Wer weiß, vielleicht muß man doch ein wenig verrückt sein, um sich freiwillig solchen Strapazen auszusetzen.
Stundenlang kämpfen wir gegen eine Wand aus nicht nachlassenden Windböen. Zu allem Überfluß dürfen wir auch noch mit einem weiteren Merkmal Islands bekannt werden. Ohne Vorwarnung schüttet es aus dichten Wolkendecken und wir freuen uns vor Antritt der Reise einiges in unsere Bekleidung investiert zu haben. Das 'High-Tec' Gewebe bietet den herabprasselnden Wassermassen Paroli.
Die Blaue Lagune..
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Es ist bereits dunkel, als wir unser erstes Etappenziel erreichen. Die sogenannte 'Blaue Lagune' . Eigentlich nur eine Geothermische Anlage, die über kilometerlange Rohrleitungen hinweg, Reykjavik mit Wärme versorgt. Doch der aufsteigende Wasserdampf besitzt so viel Energie, daß mit dem an der Oberfläche abkühlenden Wasser ein Badewannenwarmer Pool betrieben werden kann. Zudem soll der sich absetzende Schlamm heilende Wirkung bei Hauterkrankungen entfalten. Mit der angenehmen Vorfreude, gleich morgen früh die geschundenen Glieder in wohlig, warmen Wasser zu entspannen, rollen wir uns in die Schlafsäcke. Ob der ungewohnten Anstrengung läßt der Schlaf nicht lange auf sich warten.
..und unser "Hitec - Zelt"
Doch was ist das! Noch mutmaßend mein Begleiter erlaube sich einen unbotmäßigen Scherz, indem er mich mitten in der Nacht mit einem Eimer Wasser begießt, fahre ich hoch. Wasserpeitschende Windböen klatschen mir den Schlaf aus den erschreckten Augen. Müßte sich nicht unmittelbar über meinem Kopf eine schützende Zeltplane befinden? Kaum sichtbar und nur durch flappernde Geräusche zu erahnen finden wir diese einige Meter entfernt im Sturmwind flattern. Ein paar Mark mehr in die Zeltausrüstung investiert, anstatt sorglos das erst beste Modell aus einem Supermarkt zu nehmen, würde sich jetzt wohl bezahlt gemacht haben.
Stattdessen jagen wir mitten in der Nacht einer widerborstigen Kunststoffplane hinterher. Und nur mit aller größter Anstrengung gelingt es diese wieder über ein dünnes, mehr am Boden liegendes, denn stehendes, Gestänge zu ziehen und mit bereits arg gekrümmten 'Heringen' in felsigem Untergrund zu verankern.
Wer je in einem durchnässten Schlafsack genächtigt hat, wird nachempfinden, wie der anbrechende Morgen herbeigesehnt und die Aussicht auf ein wohltemperiertes Bad beinahe die Verheißung des Paradieses wird.
Etwas anderes bleibt auch gar nicht zu tun. Den ganzen Tag verdecken regenschwere Wolken die Sicht, und kaum, das wenige Sonnenstrahlen Aufklaren erhoffen lassen, bricht ein erneuter Schauer herab. Unsere Hoffnung auf eine Weiterfahrt wird buchstäblich weggewaschen.